
Heute möchte ich Euch ein besonderes Buch empfehlen. Es geht natürlich mal wieder um Gin. Dies aber eher im übertragenden Sinn, denn es behandelt die Geschichte des Gins und seine Bedeutung im Laufe der Jahrhunderte. Und wer sich ein wenig mit der Wacholderspirituose beschäftigt hat, kennt die wirklich spannende Historie um dieses Getränk. Olivia Williams hat in ihrem Buch diese Geschichte speziell mit dem Epizentrum London verknüpft. So bekommt man quasi zwei geschichtliche Betrachtungen in einem. Jetzt solltet Ihr bloß keine Angst bekommen, sie hat das Buch sehr locker und unterhaltsam geschrieben.
Rund um den Gin kann man wahrlich viele spannende, traurige, teilweise grausame aber auch interessante und lustige Geschichten erzählen. Beginnend mit der Ankunft in England im 30jährigen Krieg und später mit Wilhelm von Oranien, über die furchtbare Zeit des „Gin Grace“, die viktorianischen Gin Palaces, die Barkultur am Beginn des 20. Jahrhunderts bis zur heutigen Renaissance mit ganz vielen neuen Gindestillen im Herzen der britischen Hauptstadt. Und dabei erfährt man, wie stark der Gin die Geschichte, aber auch die Geschicke der Stadt London beeinflusst hat. Dabei machte der Gin nie an den Standesgrenzen halt. Er war sowohl ein Getränk der Bettler, der Lords, aber auch von Prostituierten und Prominenten und sogar das Königshaus wusste ihn zu schätzen.
Wer sich also einerseits für Geschichte interessiert, gleichzeitig aber noch ein wenig über die kulturelle Bedeutung der Spirituose erfahren möchte, für den ist dieses Buch eine wahre Fundgrube. Mir gefällt besonders, das häufig konkrete Personen und ihr Schicksal im Vordergrund stehen. Und so kommen hier sowohl berühmte Persönlichkeiten wie Dickens oder Churchill genauso zu Wort, wie längst vergessene einfache Bürger, die z.B. dem Gin Grace zum Opfer fielen. Dabei werden Ausschnitte aus Prozessakten, Briefe, Zitate aber auch Gedichte oder Lieder mit aufgeführt. Dies hilft einen, sich ein plastisches Bild der Geschichte zu machen. So war für mich neu, dass die Romantik, zumindest in England, mit einem oder durch einen großen Einfluss von Gin entstand. Einer der großen englischen Vertreter dieser Epoche Lord Byron hat viele seiner Werke unter erheblichen Gineinfluß erschaffen. Eine weitere spannende Anekdote ist, dass Phil Collins sein Musikvideo für „One more Night“ in einem ehemaligen Gin Place aufgenommen hatte. Dies kam dadurch zu stande, das Anfang der 80er Jahre Richard Branson mit seiner Virgin Records den heruntergekommenen Pub „Princess Victoria“ kaufte und als Studio nutzte. Mittlerweile ist die Lokalität komplett restauriert und wird wieder als Bar genutzt. Es ist eines der wenigen Gebäude, das noch viele Merkmale und Ausstattungen eines typischen Gin-Palastes aus der viktorianischen Zeit aufweist. Und natürlich wird auch der aktuelle Ginboom behandelt. Dieser führte unter anderem dazu, dass sich nach vielen Jahrzehnten mit nur noch einer Gin-Destille in ganz London sich wieder neue Gindestillen in der Londoner Innenstadt angesiedelt haben.

Das hier besprochene Buch ist mal eine andere Form eines Spirituosenbuches. Aber für mich ist es eine absolute Empfehlung. Speziell als Lektüre für Gin-Liebhaber die auch noch geschichtlich interessiert sind. Ich hätte nicht gedacht, dass der Gin eine solch große Bedeutung auf die kulturelle und soziale Entwicklung in England und speziell auf London ausgeübt hat. Ein kleiner Wermutstropfen bleibt, das Buch ist nur auf Englisch erschienen. Mit einem guten Schulenglisch kann man dem Inhalt ohne Probleme folgen. Einzig bei einigen historischen Ausdrücken, müssen bestimmt auch Nativespeaker manchmal das Wörterbuch zu Rate ziehen. Falls Ihr also ein kleines Geschenk für Gin-Liebhaber sucht oder selbst Interesse an dem Thema habt, solltet Ihr Euch das Buch zu legen. Viel Spaß beim Lesen. Das Buch erhaltet Ihr am besten Online auf den bekannten Websites.
Olivia Williams
Gin Glorious Gin: How Mother’s Ruin Became the Spirit of London
319 Seiten
Headline Verlag
ISBN-13: 978-1472215345
Kosten: 8,99 €
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