Was gibt es schöneres an einem verregneten Montag Abend als zu einem Craftbeer Seminar zu gehen. Die Veranstaltung fand in der Bonner Altstadt in der Pinte statt. Was natürlich super passte, da sie eine der wenigen Bonner Kneipen ist, in der man auch eine gute Auswahl an Craftbeer auf der Karte findet. Da ich auch sonst ab und zu hier bin, fand ich es natürlich toll, dass sie ein Tasting organisierten. Wer mehr zur Pinte wissen möchte, den empfehle ich den Bericht auf dem Blog We love Pubs zu lesen.
Als Präsentator für die Veranstaltung haben sie sich keinen Geringeren als den Craftbeer Pionier und Lokalmatador Fritz Wülfing von Ale Mania ausgesucht. Der noch dazu eine große Auswahl seiner eigenen Biere mitgebracht hatte. Die Pinte war an diesen Montagabend mit ca. 40 Personen bis auf den letzten Platz besetzt. Für eine Premiere ein guter Erfolg. Das Publikum war bunt gemischt von Studenten bis hin zu älteren Paaren war alles vertreten. Wobei natürlich beim Thema Bier die Männer in der Überzahl waren. Zu Beginn stellte sich Fritz kurz vor, da ihn doch noch nicht alle kannten. Ich war sehr gespannt, da Fritz ja quasi einer der Gründungsväter der Craftbeerbewegung in Deutschland ist und daher bestimmt einiges erzählen konnte. Nach einer kurzen Vorstellung gab es auch schon das erste Bier für uns.
Begonnen hat das Tasting, wie es sich für Rheinland gehört, mit einem Kölsch. Was natürlich so nicht stimmt, wie wir auch gelernt haben, sondern mit einem Wieß – genauer gesagt einer Bonner Wieß. Diese hat Fritz in Anlehnung an die alte Tradition im Rheinland gebraut. Das Kölsch als solches ist nämlich ein sehr junge Bierstil und ist erst mit der Kölschkonvention in den 80er Jahren offiziell entstanden. Die Wieß ist im Gegensatz zum Kölsch nämlich trüb – daher auch der Name Wieß von weiß. Auch erzählte uns Fritz ein wenig zur Geschichte des Kölsch. So ist es damals quasi aus der Not geboren. So wurde in den 30er und 40er Jahren fast nur Pils und Lager in Köln getrunken. Durch die komplette Zerstörung der ganzen Brauereien, hat man sich auf die alte Form des Wieß- bzw. Kölschbrauen besonnen, wo man z.B. keine Kühlung etc. brauchte. Die Bonner Wieß wird mit 10 % Weizenmalz und mit den Hopfen Saphire und Perle eingebraut. Man kann auch im Gegensatz zu den meisten Kölsch den Hopfen auch schmecken.
Beim zweiten Bier sind wir bei den historischen Bierstilen geblieben. Fritz erklärte, dass besonders die Craftbeerbewegung versucht, alte Biersorten wieder aufleben zu lassen und diese neu zu interpretieren. Daher wählte er als nächstes eine Gose ebenfalls von Ale Mania aus. Hier musste er natürlich auch auf das sogenannte „Reinheitsgebot“ oder nennen wir es beim Namen auf das vorläufige Biergesetz von 1993 eingehen. Da die Gose mit seinen Zutaten Milchsäure, Koriander und Salz natürlich offiziell dagegen verstößt. Auf der anderen Seite aber Zucker, Chemikalien zum klären etc. erlaubt sind. Aber die Diskussion würde hier zu weit führen. Ich persönlich mag die Gose, speziell im Sommer, sehr gern. Bei dieser Abfüllung wies Fritz schon darauf hin, dass sie ganz frisch abgefüllt worden ist und ihr noch ein wenig die Reifung und Kohlensäure fehlt. Aber auch so fanden die meisten sehr erfrischend.

Da Fritz besonders durch seine USA-Reisen Anfang der 2000er und den Kontakt mit der dortigen Craftbeerbewegung besonders inspiriert worden ist, durfte natürlich einer der Klassiker nicht fehlen. So kam als drittes Bier das Sierra Nevada Pale Ale ins Glas. Obwohl Ken Grossman, der Gründer von Sierra Nevada, 1978 mit einem Stout begonnen hat, war vor allem das Pale Ale der Grundstein für die fantastische Entwicklung von Sierra Nevada. Und obwohl sie heute quasi der größte Craftbeerbrauer der USA sind und Ken Grossman vielfacher Millionär ist, will er am liebsten selbst am Braukessel mitmischen. So soll das Pale Ale von Sierra Nevada das Einzige der Standardrange sein, dass noch mit Flaschengärung arbeitet. Jetzt war der Zeitpunkt gekommen, ein wenig zur Geschichte und Entstehung der Craftbeerbewegung mitzuteilen. So war es vor allem die Gesetzesänderung von Präsident Jimmy Carter Ende der 70er zu verdanken, dass Heimbrauen sich durch seine Legalisierung stark verbreitete. So geht man davon aus, das heutzutage quasi jeder 3. Amerikaner schon einmal zu Hause Bier gebraut hat. Natürlich wies Fritz Wülfing auch auf die Bedeutung der Bierkultur und das eher schlechte Bierangebot hin. Dies hatte natürlich auch einen Einfluss auf die Entwicklung zum Craftbeerland. So gibt es aktuell in den USA über 4.200 Brauereien deren Zahl fast täglich zunimmt.

Was lag näher, als nächstes Bier ein IPA zu nehmen. Da dieses heutzutage häufig synonym mit Craftbeer benutzt wird. Um die Bandbreite darzustellen, starteten wir mit einem leichteren IPA, dem Session IPA von Ale Mania. Dieses hat die gleiche Menge an Hopfen wie die große Schwester das IPA Mania, ist aber leichter eingebraut und hat daher auch nur 4,2 % Alkohol. Ich war positiv überrascht, da man den geringeren Alkoholanteil nicht wirklich vermisst hat. Hier klärte uns Fritz auch über die Legende mit der Entstehung des IPA – des India Pale Ale auf. Es hört sich zwar gut an, wenn man eine tolle Geschichte mit Kolonien und zu stark eingebrauten Bier zur Haltbarkeitsmachung erzählt, aber im Endeffekt war es doch wieder nur eine Marketingentscheidung. Indien und Exotik verkauft sich auch beim Bier gut. Da wir schon beim IPA waren, kam als nächstes – das neue Dry PA. Da mittlerweile fast jeder kleine Heimbrauer ein IPA braut, versucht die Szene das klassische IPA weiterzuentwickeln. Eines dieser Biere ist das DryPA. Im Gegensatz zum klassischen IPA mit einer starken Malzbetonung, kommt dieses schlanker daher. Da der Malzkörper häufig zur Einbettung des Hopfens verwendet wird, steht hier dem Hopfen relativ wenig entgegen und er kann sich noch stärker entfalten. Auch kommen meines Empfindens hier auch die Pinien- und Nadelhölzeraromen stärker zum tragen. Und wie der Name schon sagt, es wirkt auch recht trocken. Der Trick bei diesem Bier ist auch die Zugabe von Zucker und eine andere Form des Maischens. Eine wirklich spannende Form des IPA.
Da das Tasting eher wie eine Fragestunde angelegt war, sprangen wir bei den Themen teilweise wild umher. Auf der anderen Seite konnte man so einem Experten mal direkt zu allen Punkten befragen, die einem zur Bierherstellung und Craftbeeren so interessieren. So kamen wir nach diesem Bier auf das Thema Belgien zu sprechen. Auch hier bestätigte Fritz die unterschiedlichen Entwicklungen von Ländern mit einer großen Biertradition und eher geringerer Historie. So ist der Anteil an neuen „Craftbeer Brauereien“ in Belgien auf Grund ihrer langen Tradition noch sehr gering ausgeprägt. Wenn man dagegen Holland anschaut, haben sich in den vergangenen 4 bis 6 Jahren eine Vielzahl von neuen Brauereien entwickelt. Auch spannend fand ich die Information, dass die größte Brauereidichte in Bezug auf die Einwohnerzahl in der Schweiz vorliegt. Wer hätte das gedacht.

Und weiter ging es bei unserer Reise durch die Craftbeer- oder Ale Mania Welt. Nun kamen wir zum Imperial Red. Das stärkste Bier des Abends mit 9,5 % Alkohol. Dieses wird, wie man sich denken kann, mit einer größeren Menge an Malz eingebraut. Aber auch 30 % mehr Hopfen als beim IPA wird hier eingesetzt. Von der Nase hat es einen ein wenig an Barley Wine erinnert. Im Mund war es wunderbar voll, aber weniger schwer als vermutet. Hier kam das Gespräch auch noch auf die Dosenabfüllung zu sprechen. Dieses Red Ale war zwar aus der Not heraus in Dosen abgefüllt worden, aber nicht nur Fritz ist ein großer Verfechter der Dose. Die Dose schützt das Bier und speziell das Hopfenaroma einfach viel besser als eine Flasche. In der Zwischenzeit nahmen auch die privaten Gespräche zu und die Geräuschkulisse stieg nach oben. Man merkte, dass wir schon beim 7 Bier waren. Einige habe auch das großzügige Angebot der Pinte-Leute genutzt und zwischendurch auch noch das ein oder andere weitere Bier getrunken. Außerdem waren auch schon wieder 2 h Tasting rum. Und die Leute waren so interessiert, das wir quasi ohne richtige Pause ausgekommen sind. Jetzt fehlte nur noch ein Highlight des heutigen Abends. Fritz hatte ein Fass seines IPA Mania mitgebracht, so dass wir sogar ein kleines Taptakeover miterleben durften. Und zum ersten Mal gab es in einer Bonner Kneipe ein IPA vom Fass. Und was für ein leckeres. Ich mag es aus der Flasche schon recht gern, finde es aber frisch gezapft noch mal leckerer. Fritz darauf angesprochen, meinte es sei aber vor allem psychologisch bedingt. Zumindest gibt es keine großen physikalisch messbaren Gründe für den unterschiedlichen Geschmack. Es war auf jeden Fall ein gelungener Abschluss eines tollen Abends. Fritz leitete uns charmant und locker durch den Abend. Das verkostete Bier war für mich überaus gelungen und auch der überwiegende Tenor sprach von einem phantastischen Abend. Einziger kleiner Kritikpunkt war für mich die Anzahl der Personen. Es war doch schon sehr kuschelig in der Pinte. Ansonsten kann ich sowohl dem Referenten, als auch dem Team von der Pinte nur danken und für eine gelungene Premiere gratulieren. Es soll auch nicht das letzte Tasting gewesen sein. Es sind noch weitere Veranstaltungen geplant. So findet das nächste Tasting mit Fritz Wülfing für den 21.11.2016 geplant. Wer Interesse hat, kann Karten direkt in der Pinte bestellen. Zum Abschluss für Interessenten noch die Websites für weitere Informationen.
Weitere Informationen zu Ale Mania findet Ihr hier: www.ale-mania.de
Wer sich über die Pinte informieren will, schaut am besten hier: Pinte Bonn
die Kneipe möchte ich besuchen. Bis bald!!!
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Hallo Leo, schöner Bericht…alles was du schreibst kann ich als dein Tischnachbar nur unterstreichen. Liebe Grüße Wolf
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Dann habe ich Gott sei Dank alles richtig notiert. 😇
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