Wie schon angekündigt kommt hier der 4. Teil der Lissabon Quadrologie. Ich als ausgesprochener Craftbeer Liebhaber wollte auch schauen, ob es eine entsprechende Szene im Weinland Portugal gibt und wie sich diese darstellt. Vor Beginn unser Reise dachte ich mir, dort wird bestimmt nur Wein oder Port getrunken. Aber dann wurde ich eines besseren belehrt. Ok die Craftbeerszene ist erst im Entstehen begriffen, aber sie entwickelt sich sehr innovativ und schnell. Portugal ist wahrlich kein typisches Bierland. Bis vor einigen Jahren gab es hier nur genau 2 Brauereien. Diese sind mittlerweile beide in internationalen Händen. Das ist einerseits der Marktführer Sagres, der zur Heineken Gruppe gehört. Und anderseits die Brauerei mit dem wunderbaren Namen Superbock. Diese gehört wiederum zu Carlsberg. Beide Biere gibt es in unterschiedlichen Sorten und man bekommt sie quasi überall. Aber auch vor Portugal machte die neue Bewegung keinen Halt und hier entwickelt sich eine wirklich spannende Szene. Speziell da Portugal ohne typische Biertraditionen weniger Vorbehalte gegen Neuerungen hat und daher die neuen Brauer einfach drauf los experimentieren.
Und auch die großen Brauereien versuchen selbst auf den Zug aufzuspringen. So bietet Superbock im Timeout Market in Lissabon einen Beerexperience-Stand an. Wenn man alles Tamtam drumherum weglässt, sind es eigentlich nichts anderes als sechs Zapfhähne. Diese darf man aber als Kunde selbst bedienen. Das System kam bei den Gästen aber sehr gut an, so dass immer eine kleine Schlange vor dem Stand zu sehen war. Zuerst entscheidet man sich für eines der Biere. Neben dem klassischen Lager, gab es ein Dunkel und ein Stout. Daneben noch drei Biere der neune Marke 1927. Von denen gab es ein Münchner Hell, ein Münchner Dunkel und ein Amber Ale. Nachdem man ein Bier gewählt hat, musste man bezahlen und bekam ein Bierglas und einen Kassenbeleg mit Strichcode in die Hand gedrückt. Oberhalb des Zapfhahns war ein Monitor angebracht, wo ein Video zum richtigen Zapfen gezeigt wurde. Dann musste man den Kassenbeleg an ein Lesegerät halten. Das löste eine Sperre und man konnte und man durfte selbst sein Bier zapfen. Man musste nur aufpassen, da man bestraft wurde, da die Bierzufuhr nach der bezahlten Menge automatisch stoppte. Ich habe das Amber Ale und das Stout probiert. Das Amber Ale war ein stärker gehopftes, dunkleres Ale – was so einen typischen Einsteigerbier für in die neue Bierwelt nahe kam. Das Stout fand ich insgesamt zu nichtssagend. An den Bieren können sie also noch ein wenig arbeiten. Aber das Konzept des Selbstzapfens war schon ganz lustig und fand auch guten Zuspruch.
Aber es gibt auch einige richtige Craftbeerzentren in Lissabon zu entdecken. Die zwei Pubs die wir besuchten, waren beide sowohl als Kneipe als auch als Shop angelegt. So konnte man direkt vor Ort sein Bier genießen, aber auch verschiedene Flaschen zum Mitnehmen einpacken lassen. Es sind die „Cerveteca Lisboa“ und das „Lis Beer“. Die Cerveteca liegt in der Nähe des Botanischen Gartens und bietet sowohl Fass- als auch Flaschenbier an. Sie hatten 8 verschiedene Biersorten vom Fass und eine ganze Regelwand mit Flaschenbieren. Das schöne sie bieten auch ein kleines Tasting der Fassbiere an. Man bekommt 5 Biere a 0,1 l als Tastinggedeck. Dort versuchte ich natürlich besonders die einheimischen Biere zu probieren. Hier kam ich auch zum ersten Mal mit den Bieren von Oitava (8a) Colina in Berührung. Dies steht für den 8. Hügel. Die Geschichte zum Namen fand ich sehr nett. So sagt man, dass Lissabon ähnlich wie Rom auf 7 Hügeln erbaut worden ist. Dabei hat man den Graca Hill vergessen und genau hier liegt die Brauerei. Und nach diesem 8. Hügel hat man diese benannt. Beim Tasting war ein Zé Arnaldo dabei. Dies war ein wunderbar vollmundiges und gut trinkbares Porter. Daneben durfte ich auch noch das Urraca Vendaval probieren – was ein wunderbares, zitrusbetontes aber auch mächtig bitteres IPA ist. Und hat IPA untypisch nur 6 % Alkohol. Das Urraca stellte sich auch als das Lieblingsbier unserer Bedienung heraus und ist ein wirklich gelungenes Craftbeer. Die Brauerei kann man auch besichtigen. Jeden Samstag gibt es eine Tour durch die Räumlichkeiten. Wir hatten leider das Pech, über Ostern dagewesen zu sein. Da sie an diesem Wochenende keine Führung angeboten haben. Auch haben sie laut Website einen kleinen Tastingraum, so dass man auch die Biere vor Ort probieren kann. Aber auch im Cerveteca kann man sehr relaxed eine Vielzahl von Bieren probieren. Ich würde schätzen, dass neben den Fassbieren an die 150 verschiedene Sorten Flaschenbiere angeboten werden. Davon auch ca. 1/10 portugiesische Biere. Was auffiel, dass besonders viele belgische Biere zu finden waren. Daneben natürlich auch US-amerikanische, englische und einige skandinavische Biere. Nur deutsche Biere suchte man vergebens.
Ein anderer schöner Laden, der sich in der Nähe unserer Unterkunft in der Alfama befand ist das Lisbeer. Auch dieses ist ganz gemütlich, mit lauschigen Sesseln ausgestattet. Auch Sie bieten die Möglichkeiten zum Flaschenkauf und hatten auch mindestens 8 verschiedene Biere vom Fass. Hier wird auch nicht so konsequent zwischen Craftbeer und Industriebier unterschieden. So hatten sie z.B. auch Paulaner vom Fass. Hier probierten wir auch Biere einer weiteren Lissaboner Brauerei der Dois Corvos Brauerei. Von dieser haben wir z.B. das Metropolitan Pale Ale probiert. Ein recht leichtes, ein wenig süßliches Pale Ale nach amerikanischem Vorbild. Außerdem gab es von Ihnen nach das sehr leckere Matiné – ein Session IPA – was wirklich besonders lecker hopfig war. Was es für uns noch einfacher machte, war die hier vorhandene extra Karte rein für portugiesische Biere. Diese zweiseitige Karte enthielt neben den beiden oben beschriebenen Lissabonner Bieren weitere Sorten wie Toira, Mean Sardine oder Sovina. Schwierig war nur, dass die Karte obwohl nur ein ausgedruckter DIN A4 Zettel, die Vorrätigkeit mittels Punkte oder Haken darstellte. Da diese mal durchgestrichen oder wieder zugefügt hatte, wusste man am Ende gar nicht was noch im Angebot war. So konnte man manchmal ein wenig länger fragen, bis man ein Bier entdeckte, was auch vorrätig war. Daneben gab es noch eine weitere Karte mit über 200 Bieren aus den unterschiedlichsten Ländern.
Zusammenfassend kann ich festhalten – Craftbeer ist wirklich in Portugal und auch in Lissabon angekommen. Es gibt schon ein gutes Angebot an Pubs und auch lokalen Brauereien, speziell wenn man bedenkt, dass Lissabon nur 500.000 Einwohner hat. Ich denke da mal an die Millionenstadt Köln, die beim Thema Craftbeer dem noch um einiges hinterherhinkt. So kann man auch im Weinland Portugal viele spannende Biere testen und eine noch kleine, aber sehr kreative Bierszene antreffen. Und man konnte sehen, dass vor allem die jungen Portugiesen dem Craftbeer und den neuen Bierstielen sehr offen gegenüber stehen. Für die unter Euch die nach Lissabon kommen, hier ein paar Adressen und Links zu den Craftbeerhotspots.
Cerveteca Lisboa Praça das Flores 63, Lissabon hat täglich von 15.30 – 1.00 Uhr geöffnet
Lisbeer – Beco do Arco Escuro 1, Lissabon hat montags Ruhetag und die anderen Tage von 16.00 – 1.00 Uhr geöffnet.
8a Colina – Travessa da Pereira nº16 A, Lisabon
Dois Corvos – Rua Capitão Leitão, 94, Lissabon – der Taproom hat bis auf Samstag täglich ab 13.00 Uhr geöffnet
und zum Schluss, ist nicht wirklich Craftbeer – macht aber trotzdem Spaß
die Beerexperience von Superbock im Time Out Mercado da Ribeira, Avenida 24 de Julho, Cais do Sodré
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